In der Schweiz wird wieder
einmal über ein Burka – Verbot diskutiert. Erstaunlich ist das nicht,
schliesslich hat man es hierzulande mit fragwürdigen Argumenten ja auch
geschafft ein Minarettverbot durchzuboxen. Was allerdings verblüfft ist, dass
diese Forderung ausgerechnet aus dem Mund eines SP – Politikers kommt, der
zudem schon öfters angeeckt hat: Mario Fehr, Regierungsrat in Zürich, Vorsteher
der Sicherheitsdirektion. Ebenjener Fehr, der vor nicht allzu langer Zeit von
seiner eigenen Jungpartei, der JUSO, angezeigt worden ist, weil er eine
Überwachungssoftware gekauft hat.
Ich glaube nicht, dass ein
Burka - Verbot besonders sinnvoll ist. Mal ehrlich, wie viel Burkas sieht man
in der Schweiz? Abgesehen von Nora Illi in der Arena, habe ich persönlich noch
nie eine Burkaträgerin gesehen, obwohl ich schon mein ganzes Leben hier
verbracht habe. Es sind also keineswegs Massen von komplett verschleierten Frauen,
die durch die Schweiz flanieren. Durch ein Verbot suggeriert man der
Bevölkerung allerdings: Hey, wir haben total viele Burkaträgerinnen, deshalb
müssen wir das jetzt eindämmen. Was natürlich wiederum der These wir – werden –
alle - schleichend -islamisiert neuen Auftrieb gibt.
Was uns ebenfalls immer
wieder gerne vorgegaukelt wird ist: Wenn wir Burkas und Minarette verbieten,
schützen wir uns vor Terrorismus. Das ist natürlich kreuzfalsch. Erstens ist
Terrorismus nicht zwangsläufig verbrüdert mit einem islamistischen Hintergrund.
Terrorismus hat auch nicht automatisch etwas mit Religion zu tun. Es gibt auch
Terrorismus, der auf politischen Ideologien beruht (siehe RAF). Und zweitens:
Wie viele Terroristen, die sich für die letzten Anschläge verantwortlich
zeigten, trugen noch mal eine Burka?
Ein weiteres Argument, das
oft angeführt wird, ist die Sache mit der Kommunikation. „Mit einer
verschleierten Person kann man nicht reden, es führt zu
Missverständnissen.“ Stimmt natürlich. Wenn ich die Mimik eines Menschen nicht
sehe, kann ich zum Beispiel Ironie und Sarkasmus schlechter erkennen. Das gilt
allerdings auch für Telefone, E – Mails und SMS. Auch dort sehe ich meinen
Gesprächspartner ja nicht und jeder von uns kann wahrscheinlich ein Lied davon
singen, wie schrecklich schief eine Unterhaltung gehen kann, die nicht von
Angesicht zu Angesicht geführt wird. Trotzdem ist noch niemand auf die Idee
gekommen, das Telefon zu verbieten.
Es gibt allerdings auch
Einwände, die ich nachvollziehen kann. Ja, es ist bei uns in der Schweiz nicht
üblich, das Gesicht zu verbergen. Würde ich mir eine Skimaske überziehen und
damit durch den Bahnhof laufen, würden die Leute entweder denken ich hätte ein
arges Pickelproblem oder ich hätte gerade eine Bank überfallen. Wer nichts zu
verbergen hat, der zeigt auch sein Gesicht. Ein Standpunkt, den ich verstehe.
Ebenso verstehen kann ich
jene Stimmen, die den Vorwurf erheben, eine Burka sei das Symbol der
Unterdrückung der Frau. Auch wenn man hier extrem vorsichtig sein muss. Nicht
jede Frau, die eine Burka trägt, tut dies aus Zwang. Ich wage sogar die
Behauptung, dass für manche Frauen die Burka genauso ein Kleidungsstück ist,
wie für uns ein Schal. E
Ich halte es auch für
falsch, den Islam pauschal vorzuwerfen, er sei frauenfeindlich. Ich habe den
Koran nie gelesen, aber ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass da
wortwörtlich steht: Lass deine Frau nicht mehr aus dem Haus und wenn doch,
schmeiss eine Decke über sie. Genauso wenig wie in der Bibel steht, dass Frauen
keine Priester sein dürfen. Überhaupt
ist auch das Christentum nicht gerade ein Paradebeispiel für die
Gleichberechtigung der Frau. Immerhin ist die Frau aus streng christlicher
Sicht die personifizierte Sünde (Ich sage nur: Apfel). Und vor nicht allzu
langer Zeit war es durchaus noch üblich, dass sich sittsame Frauen auch
hierzulande das Haar bedeckten, besonders wenn sie eine Kirche betraten.
Aber es ist natürlich auch
nicht von der Hand zu weisen, dass es sich nicht vereinbaren lässt mit den
liberalen Werten der Schweiz, wenn eine Frau unter dem Deckmantel einer
Religion, ihrer Würde beraubt wird. Wenn eine Frau gezwungen wird, eine Burka
zu tragen, wenn sie nicht selbst entscheiden kann, wen sie heiraten will, wenn
von ihrem Ehemann vergewaltigt wird, wenn sie eingesperrt wird, ist das nicht
zu akzeptieren. Und wenn man achselzuckend darüber hinweggeht, wohlmöglich noch
mit der Bemerkung, wenn das kulturell bedingt sei, habe man sich da nicht mit
westlicher Arroganz einzumischen, muss ich einfach sagen: Da hört das
Tolerieren auf und das Wegsehen beginnt.
Doch, wie gesagt, es ist
falsch und gefährlich, immer davon auszugehen, dass jeder Moslem ein Extremist
ist und der Islam grundsätzlich eine gefährliche Religion. Jede Religion kann
zu einer gefährlichen Waffe werden, wenn Fanatiker sie benutzen. Mal ganz
abgesehen davon: Hat jemand von euch mal die Bibel gelesen? Da stehen einem die
Haare zu Berge und würde man das alles wortwörtlich nehmen was im Alten
Testament vorgeschlagen wird, wäre die Schweiz ein verdammt ungemütlicher Ort.
Um noch mal zum
Ausgangspunkt zu kommen: Ich glaube, jemanden das Tragen eines Kopftuch oder
einer Burka zu verbieten ist genauso schlimm wie jemanden dazu zu zwingen.
Die Diskussion über das
Burka – Verbot führte aber gleich fliessend zu einer weiteren Debatte. Darf
sich Mario Fehr noch Sozialdemokrat nennen, wenn er solche Ansichten vertritt?
Vor allem da es nicht das erste Mal ist, dass er Tabus innerhalb der Linken
bricht. Schon werden Stimmen laut, dass man Mario Fehr endlich aus der Partei
entfernen soll, da er die Ideale der Sozialdemokraten verraten habe.
Aus meiner Sicht wäre das
allerdings auch höchst undemokratisch. Es ist völlig normal, dass in einer
Partei verschiedene Meinungen herrschen. Nein, es ist nicht nur normal, es ist
notwendig, denn um zu einer konstruktiven Lösung zu kommen, ist es wichtig,
verschiedene Blickwinkel einzubeziehen. Es ist auch völlig klar, dass jedes
Parteimitglied eigene Hintergründe, Motive und Ideen mit sich bringt und
deshalb zwangsläufig nicht immer so handelt, wie es die Parteilinie fordert. Es
gibt wohl auf der ganzen Welt keinen einzigen Mensch, der sich absolut und zu
100% mit einem Parteiprogramm identifizieren kann. Jeder Mensch hat ein eigenes
Hirn und ein eigenes Gewissen und das gibt man nicht automatisch bei einem
Parteieintritt ab.
Natürlich kann das frustrieren.
Natürlich ist es ein schmerzhafter, emotionaler und mitunter zorniger Prozess,
wenn man sich parteiintern mit Meinungen konfrontiert sieht, mit denen man
nicht gerechnet hat oder die man persönlich nicht nachvollziehen kann. Ich denke
aber, dass es falsch ist, Personen, die unserer Meinung nach nicht links genug
sind, einfach auszusortieren. Das ist der einfachste Weg. Und ein
diktatorischer Weg. Man kann nicht andere Parteien dafür kritisieren, dass sie
die Meinungsfreiheit ihrer Mitglieder
einschränkt, wenn man dann selbst den gleichen Blödsinn macht. Und wenn man
sich als Partei Toleranz auf die Fahne schreibt, bedingt das auch die Toleranz gegenüber
Andersdenkenden.
Ich persönlich bin auch kein
Fan von „Du bist eben kein Sozialdemokrat, wenn du nicht das und das denkst.“ Es
gibt ja auch nicht nur einen Rotton, sondern verschiedene Schattierungen.
Insofern ist es auch nachvollziehbar, dass es nicht nur eine
sozialdemokratische Ausrichtung gibt.
Lange Rede, kurzer Sinn: Genauso wie
der linke Flügel der Partei sich in der Presse äussern darf, gebührt dieses
Recht selbstverständlich auch dem rechten Flügel.
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