Feminismus ist die Rache der
weniger schönen Frauen, an den Männern mit den schönen Frauen. Dieser Satz
stammt keineswegs aus dem letzten Jahrhundert. Roger Köppel, gewählter SVP - Nationalrat,
streute diesen Satz ganz nebenbei in einen seiner verdrehten Artikel (ganz
ehrlich: Ich bewundere regelmässige
Leser der Weltwoche. Wenn man sich jede Woche durch dieses Schmutzblatt kämpfen
kann, ohne unter einem dauernden Brechreiz zu leiden, muss wirklich über eine
bemerkenswerte Widerstandskraft verfügen. Oder über einen Pferdemagen).
Quasi um zu beweisen, dass
es niveaumässig auch noch eine Schublade tiefer geht, postete Andreas Glarner,
ein Parteikollege Köppels, vor nicht allzu
langer Zeit auf seiner Facebook – Seite Fotos von zwei Frauen (denen es
auf Twitter gelungen war, ihm nachzuweisen, dass er es mit der Wahrheit nicht
immer so genau nimmt), und postete dazu den süffisanten Spruch: „Ich versteh ja
irgendwie schon, warum sie links und feministisch sind.“ Und seine Fans fielen
über die zwei Damen her, wie der Löwe über die Antilope, nannten sie „hässlich“ „Zombies“
„Vogelscheuchen“ und „Models für Rosshaarmatratzen“. Wohlgemerkt: Die boshaftesten
Kommentare stammten dabei übrigens von Frauen.
Es ist eine geradezu
köstliche Ironie, dass genau die zwei Männer, die stets behaupten, die
Gleichstellung zwischen Mann und Frau sei längst erreicht und man solle jetzt
mit diesem feministischen Quatsch aufhören, mit ihrem Verhalten auf so anschauliche
Art beweisen, dass die Thematik „Die Frau in der Gesellschaft“ noch keineswegs
abgehakt ist.
Jeder Mensch ob Männlein
oder Weiblein wird gewissen Schönheitsidealen unterworfen. Und das ist nicht
wegen den Barbies oder den Modelsendungen oder den Zeitschriften, sondern
hauptsächlich, weil unser Äusseres keine Privatsache ist. Stattdessen bekommen
wir regelmässig Schönheitstipps und Modekritik von Menschen, die wir kaum oder
auch mal gar nicht kennen. Und wer wurde nicht schon mal beleidigt, weil er den
ästhetischen Ansprüchen seines Gegenübers nicht genügte?
Ein Beispiel. Ich bin
wirklich sehr schlank. Naja, eigentlich bin ich mager und knochig. Und das wird
mir regelmässig unter die Nase gerieben. Wenn Freundinnen oder Verwandte mich
damit aufziehen: Easy. Was allerdings gar nicht geht, ist, wenn Menschen, die
ich vielleicht einmal im Jahr sehe, mich mit weit aufgerissenen Augen
anstarren, die Hände über den Kopf schlagen und jammern: „Jesses, bist du ein
dünnes Ding.“ Oder wenn Kundinnen meine Taille mustern, die Augenbrauen
hochziehen und sagen: „Sie sind ja abartig schlank.“ Oder natürlich der
absolute Lieblingskommentar: „Iss endlich mehr!“.
Ein Luxusproblem?
Vielleicht. Aber mein Körper ist meine
Sache. Ich verstehe nicht, wieso sich manche Menschen dazu bewogen fühlen,
meine Figur zu bekritteln. Wenn ich merke, dass jemand über keinen besonders
grossen Wortschatz verfügt, sage ich ja auch nicht: „Lesen Sie doch mal ein
bisschen mehr, dann sind Sie vielleicht auch mal in der Lage einen vollständigen
Satz zu bilden.“ Und würde ich so etwas sagen, würde man mich entsetzt
anstarren und mir empört erklären, dass ich doch nicht einfach den Intellekt
eines anderen Menschen beleidigen darf. Stimmt. Wieso man dann allerdings mein
Äusseres beleidigen darf, ist mir ein Rätsel.
Dasselbe geschieht auch
übergewichtigen Menschen. Da irgendjemand einmal beschlossen hat, dass füllig nicht
attraktiv ist und parallel dazu von diversen Gesundheitsexperten entdeckt
worden ist, dass Übergewicht ungesund ist, ist jeder, der ein paar Kilo zu viel
auf den Rippen hat, Freiwild. Da wird gelacht, da wird gespottet und mit dem
Finger auf jemanden gezeigt. Weil, wer dick ist, der ist eben einfach zu faul
um Sport zu treiben oder isst zu viel.
Ich bin eine Frau, deshalb
ist meine Sichtweise naturgemäss auf mein Geschlecht eingeschränkt. Aber ich
denke, dass wir Frauen mehr unter diesen Schönheitsidealen leiden, als die
Männer. Weil in vielen Köpfen noch das Denken verankert ist, dass sich der Wert
einer Frau darin bemisst, ob sie einen Freund/Mann hat oder nicht. Wenn ein
Mann mit vierzig noch alleine ist, ist er ein einsamer, faszinierender Wolf. Eine
Frau ist dann eher die übrig gebliebene Unterhose nach dem
Sommerschlussverkauf. Nicht nur in den Augen der Männer, sondern auch in den
Augen anderer Frauen. Und wie oft kommentieren Menschen die Trennung eines
Paares mit: „Also, so wie sie aussieht, wundert es mich nicht, dass er
davongelaufen ist.“
Köppels und Glarners
Aussagen untermauern nur das, was viele Menschen denken: Dass eine Frau nur
dann etwas wert ist, wenn ihr Äusseres den vorherrschenden ästhetischen Meinungen
entspricht. Dass es nicht sein kann, dass eine Frau sich für etwas einsetzt,
weil sie an etwas glaubt und nicht, weil sie anderen etwas neidet. Und das es
okay ist, eine Frau mies zu behandeln, wenn sie ihren Hauptauftrag (den Männern
gefallen) nicht erfüllt.
Schönheit ist relativ. Mir
muss niemand Komplimente machen, wenn ich ihm nicht gefalle. Und die Gedanken
sind ja bekanntlich frei. Wenn jemand also findet, ich sei ein magere Ziege:
Völlig okay. Was ich allerdings nicht akzeptieren kann ist die Tatsache, wenn man
meine Meinung abwertet, indem man mein Äusseres als Argument anführt.
Ich kann von niemanden
verlangen, dass er mich schön findet. Aber Respekt und Achtung, das kann ich
verlangen. Auch wenn ich Brüste habe.
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