Allgemeine Anmerkung: Weil
die Jungpolitiker alle in meinen Alter sind, habe ich mir erlaubt, sie hier zu
duzen. Man möge es mir nachsehen!
Thema: Zur Abwechslung kreuzen
jetzt mal die Jungparteien die verbalen Klingen und zwar in einer mehr als
leidenschaftlichen Minderheitendiskussion. Welche Minoritäten brauchen unseren
Schutz und welche haben bereits starke Fürsprache?
Und die Tribute sind:
·
Lena Frank (Junge Grüne)
·
Salome Mathys (Junge GLP)
·
Claudia Meder (Junge EVP)
·
Marcel Erhard
(Junge BDP)
·
Fabian Molina (Juso)
·
Markus Zeier (Junge FDP)
·
Anian Liebrand (Junge SVP)
·
Jean
– Pascal Ammann (Junge CVP)
Möge der beste Tribut gewinnen!
Frauen regieren die Welt
Kaum eingeschaltet, zuckt
man erstmal erschrocken zusammen, denn die jungen Menschen blicken mit einer
solchen Leichenbittermiene in die Kamera, dass man meinen könnte, in der Arena
ginge es tatsächlich um Leben oder Tod und nicht um eine – doch recht harmlose
– Debatte. Aber das ist wahrscheinlich die Aufregung.
Und wieder haben wir einen
absolut dämlichen Start in die Diskussion (mal ehrlich, wer denkt sich diese
Anfangsfragen aus?). Jonas Projer stellt fest, dass in der Hauptrunde nur
weisse, privilegierte Männer vertreten sind und schiebt gleich die Frage
hinterher: „Was läuft hier falsch?“
Ähm, nichts? Wenn die
Oberhäupter der grossen Jungparteien nun mal alles Männer sind, ist das einfach
so. Oder hätte sich einer der Herren mal eben kurz einer Geschlechtsumwandlung
unterziehen sollen, damit sich keiner der Frauen benachteiligt fühlt? Und das
die anwesenden Damen auf den Sofa verbannt worden sind, hat auch nichts mit
Frauenfeindlichkeit zu tun, sondern mit dem (meiner Meinung nach nicht
besonders fairem) System der Arena, das die kleineren Parteien fast immer aus
der Hauptrunde separiert.
Egal, auf jeden Fall können
wir so wieder über die Stellung der Frau streiten (haben wir in den letzten
Arenen ja praktisch nie getan). Weil selbst die SVP inzwischen erkannt hat,
dass das ein heikles Thema ist, druckst Anian herum und wird gar noch
philosophisch, als er erklärt, jeder einzelne Mensch sei für sich genommen eine
Minderheit (er meinte vermutlich Individuum).
Fabian dagegen ist natürlich
gleich in seinem Element und findet, dass Frauen in der Politik katastrophal
untervertreten sind. Er weist auf die vorbildliche Haltung der Juso hin, die
das mit Quoten auszugleichen versuchen, wobei er allerdings verschweigt, dass
genau dieser fast schon krankhaft anmutende Gerechtigkeitswahn oft zu mehr als
grotesken Situationen an Delegiertenversammlungen führt.
Abgesehen davon sind Frauen
beim besten Willen keine Minderheit. Im Gegenteil. Da ist es umso
erstaunlicher, wie lange wir uns haben unterdrücken lassen.
Come to Siwtzerland! We have
Cookies!
Nun geht es aber wirklich
los und zwar mit dem wohl zurzeit umstrittensten Thema der gesamten Politik:
Das Asylthema. Als Einstimmung sehen sich alle ein Video an, in dem ein
Flüchtling sich einen Job und die Möglichkeit, die Sprache zu lernen, wünscht
(was ja lobenswerte Absichten sind). GANZ zufällig ist der Mann übrigens Eritreer
(Böses SRF).
Und natürlich nimmt das
Anian als Steilvorlage, denn wie ja inzwischen alle wissen, ist es in Eritrea
gar nicht so schlimm. Gut, die Menschenrechte werden ignoriert, die Leute
werden gegen ihren Willen ins Militär gesteckt oder verschwinden auf
Nimmerwiedersehen in Gefängnissen, aber ansonsten herrscht dort richtig
Partystimmung. Laut Anian können sich die Eritreer auch richtig teure Schlepper
leisten. Aha. Das sind wahrscheinlich die, die jeden Tag mit ihren
Luxusdampfern gemütlich über das Meer tuckern.
Während Fabian spätestens
nach dieser Aussage so wirkt, als würde er Anian gerne sein Wasserglas an den
Kopf pfeffern, versucht Markus es mit der so üblichen Taktik der Freisinnigen,
einfach nichts zu sagen, aber doch viele Worte zu machen. So findet er, man
müsse die Situation in Eritrea erstmal genau prüfen. Na dann, geh doch mal dort
vorbei und mach Urlaub, wenn du es so genau wissen willst!
Molina hat eigentlich sehr
gute Argumente, lässt sich jedoch zu leicht provozieren und schwingt etwas sehr
die grosse Keule, als er beispielsweise behauptet, dass es die bürgerliche
Mehrheit zu verschulden hat, dass Menschen im Meer ertrinken. ¨
Das ist ein schlimmer
Vorwurf, kommt aber auch davon, dass die bürgerlichen Jungpolitiker sich zu der
einen oder anderen sehr hartherzigen Aussage hinreissen lassen. So verkündet Anian,
die Schweiz sei nicht das Weltsozialamt und man könne ohnehin nicht alle
aufnehmen. Also nehmen wir einfach niemanden auf, dann ist es gerecht.
Zumindest nach SVP – Logik.
Anian greift Molina auch
direkt an und beschuldigt ihn, er würde mit der Tränendüse arbeiten, wie das
die Linken ja immer täten. Und ausserdem würde er schlimme Bilder suggerieren.
Da braucht man aber nichts zu suggerieren. Da kann man auch einfach eine
Zeitung aufschlagen oder den Fernsehen anmachen. Aber vermutlich manipulieren
die linken Medien das alles und die Menschen sind gar nicht auf der Flucht,
sondern auf einer gemütlichen Sightseeing – Tour.
Man darf der SVP dazu
gratulieren, dass sie ihren Nachwuchs gut erzogen haben. Anian bringt wirklich
JEDES Argument der Parteibasis: Wir wollen keine Politik der offenen Tür,
Gratisanwälte für Asylanten sind überflüssig, wir wollen keinen Asylstaat,
unter die Flüchtlinge mischen sich Terroristen…Das regt Fabian natürlich auf
und so ist eine Weile nicht mehr besonders viel zu verstehen, weil die Herren
munter durcheinander schreien. Das ist eben das viel beschworene Feuer der
Jugend.
Einig sind sich die
Jungpolitiker nur in einem: Man sollte die Hilfe vor Ort intensivieren. „Wenn das
alle eine gute Idee finden, wieso tut man das denn nicht?“, fragt Jonas Projer
Salome Mathys. „Weil links und rechts im Wahlkampf immer eine grosse Klappe
haben, statt etwas zu tun“, faucht sie. Und weil es so daneben ist, politische
Diskussionen mit Wahlwerbung zu verknüpfen, schiebt sie gleich hinterher, dass
es deshalb eine starke Mitte brauche. Das nennt man dann wohl politische Schizophrenie.
Es Burebüebli mahn i nit
Nachdem sich alle die Kehle wund
geschrien haben, kommt Projer zu einem emotional weniger aufgeladenen Thema:
Die Bauern. Auch sie sind in der Minderheit und klagen über Probleme. Zudem
gibt es immer weniger Landwirtschaftsbetriebe.
Überraschenderweise findet
Anian, dass diese Minderheit unbedingt geschützt werden müsse und erklärt, der
Markt müsse unbedingt geschlossen bleiben. Das ist aber eine merkwürdige Aussage
für eine Partei, die ansonsten immer nach der freien Marktwirtschaft kräht und
sowieso der Meinung ist, dass jeder selbst für sein Glück verantwortlich sei.
Diese Widersprüchlichkeit bemerkt auch Molina sehr süffisant.
Jean – Pascal macht seiner
Partei alle Ehre, als er sich sehr ruhig und gelassen in die Diskussion
einschaltet. Er sieht das Problem eher darin, dass die Landwirte nie richtig
wissen, auf was sie sich einstellen müssen. Noch besser argumentieren aber die
anwesenden Damen, die viel Kompetenz beweisen. Sie haben ihre Hausaugaben
gemacht.
Wobei ich auch jetzt wieder
feststelle, dass die GLP dringend noch daran arbeiten muss, wie sie auf
Aussenstehende wirkt. Vieles was Salome sagt hat wirklich Hand und Fuss, aber
ihr Augenverdrehen und ihre schnippischen Äusserungen machen sie eher
unsympathisch. Da sollte sie sich nicht an Parteichef Martin Bäumle
orientieren.
Wirklich fruchten tut auch
diese Diskussion nicht, wobei ich persönlich finde, dass sie sowieso an den
Haaren herbeigezogen ist („Lasst uns noch ein Thema finden, wo die Rechten
dafür und die Linken dagegen sind…Hm…wie wäre es mit den Bauern?“). Ja, die
Bauern sind eine Minderheit, aber das sind andere Berufsgruppen auch. Zum
Beispiel Buchhändler. Ja, ich bin da voreingenommen, aber jetzt mal ganz
ernsthaft: Dem Buchhandel geht es auch sehr mies. Alle Probleme der Schweizer
Wirtschaft – Euro, Grenzgänger, Preise – schenken bei uns voll ein. Und Bücher
sind auch ein Kulturgut, trotzdem kommt es keinem Parlamentarier in den Sinn
sich für uns stark zu machen (stattdessen haben sie die Buchpreisbindung
abgeschafft. Danke FDP, ihr habt uns noch ein bisschen mehr zu Ader gelassen).
All You Need Is Love!
Aber ich bin abgeschweift.
Wenden wir uns der nächsten Minderheit zu: Die Homosexuellen. Ein Thema, das
Anian sichtlich unangenehm ist und er meint dann auch brummig, dass man ja inzwischen
kaum mehr etwas Kritisches dazu sagen könnte, ohne hinterher als altmodisch und
schwulenfeindlich zu gelten. Das könnte daran liegen, dass die Bürgerlichen
sich bei diesem Thema praktisch in die Fettnäpfchen werfen. (*hust* Stirnlappen
*hust*)
Ehe ist ja bekanntlich ein Herzensthema
der CVP. Jean – Pascal und Fabian liefern sich in der Folge eines der
witzigsten Wortgefechte. Ersterer giftet Molina an, seine Partei wolle die Ehe
ja ohnehin ganz abschaffen und es würde ihn ja niemand zwingen zu heiraten.
Worauf Fabian ein spontanes „Zum Glück“, entfährt. Jaja, so hat Wermuth doch
auch mal geklungen und trotzdem ist er inzwischen stolzer Papi.
Unterdessen demonstriert uns
Claudia Meder eindrücklich, wie man sich erfolgreich mit seinen Aussagen in die
Scheisse reitet. So ist schon die Formulierung „Ein Elternteil wird homosexuell“
problematisch noch schlechter ausgedrückt ist allerdings „Schwule, Lesben und
anderes“, als handle es sich hier um Zootiere. Und definitiv ganz daneben ist
es zu sagen: „Ich habe nichts gegen Schwule und Lesben, aber es ist nun einmal
eine andere Beziehung als zwischen Mann und Frau.“ Sie kann froh sein, war kein
Schwulenvertreter in der Arena zugegen.
Markus versucht Anian die
Widersprüchlichkeit der aktuellen Gesetzgebung aufzuzeigen. „Es könnte ja sein,
dass du schwul bist und niemand etwas davon weiss“, beginnt er, doch nach
diesem Anfang hört eigentlich niemand mehr zu. Zu köstlich ist der entgeisterte
Gesichtsausdruck von Anian.
Was ich einfach nie
begreifen werde: Was ändert sich für Heterosexuelle, wenn Homosexuelle heiraten
dürfen? Nichts. Absolut gar nichts. Warum sollen Mann und Frau ein Kind besser
erziehen können, als ein gleichgeschlechtliches Paar? Die Vergangenheit hat uns
gelernt, dass auch biologische Eltern grausam zu ihren Kindern sein können. Und
ist es nicht besser, ein Kind wächst in einer Regenbogenfamilie auf, als in gar
keiner?
Übre
Gotthard, übre Gotthard flüged Bräme
Und dann kommen wir zu
letzten Minderheit: Die Sprachminderheiten. Um genau zu sein, die
italienischsprachige Schweiz. Im Einführungsvideo sehen wir einen alten
Bekannten. Marco Solari, der schon einmal in der Arena zu Gast war und sich
dabei eigentlich nur für eines einsetzt: Für das Tessin. So auch diesmal.
Ich persönlich vermute ja,
dass man nur deshalb das Tessin als Sprachminderheit herangezogen hat, um mal
wieder über den Gotthard zu streiten. Braucht der nun eine zweite Röhre oder
braucht er nun keine? Das gibt Jonas Projer immerhin die Gelegenheit auch die
Jungen Grünen mal miteinzubeziehen.
Lena Frank schlägt vor,
durch beide Röhren Züge rattern zu lassen. Der bisher so gelassene Marcel
Erhard findet das „bireweich.“ Und weil bireweich ein so schönes Wort ist,
benutzt es Molina kurz darauf wieder, allerdings bezieht er es auf den
Pannenstreifen, der während der Sanierung durch den Berg gezogen werden soll.
Gotthard hin, Gotthard her, auf
jeden Fall fühlt sich das Tessin benachteiligt. Sie haben auch keinen
Bundesrat. Und immer weniger junge Menschen wollen italienisch lernen. Das
stimmt ja alles, aber a) ist es einfach nicht richtig, statt dem fähigsten
Politiker, den mit der richtigen Sprache zu wählen und b) kann man junge
Menschen nicht dazu zwingen, sich die Landessprachen anzueignen. Das ist das
Ding mit den Quoten. Sie sorgen eben nicht für
Gerechtigkeit.
Claudia Meder bringt die
ganze Arena auf den Punkt: „Man kann nicht alles, was man durchboxen will, auf
einer Minderheitendiskussion aufbauen.“ Ein fantastisches Schlusswort für eine
fantastische und spannende Jugendarena. Da braucht sich die Politik wohl keine
Sorgen mehr zu machen. Der Nachwuchs steht schon in den Startlöchern.
Auswertung:
Wen wir am ehesten mal an der
Parteispitze sehen: Markus Zeier. Er sieht sogar so aus, wie das Klischee eines
FDPlers.
Wer weniger Temperament zeigen sollte: Fabian Molina
Wer mehr Temperament zeigen
sollte: Jean – Pascal Ammann; Markus Zeier
Würden ein gutes Duo abgeben:
Fabian und Anian. Ich meine, die Namen wären perfekt für ein Schlagerduo!
Denkwürdige Dialoge:
Anian: „Die (=Homosexuelle) können ja leben
in der Schweiz!“
Fabian sarkastisch:
„Ja, und das ist schon viel. Sie dürfen leben.“
Anian: „Im Tessin haben wir das Problem der
Masseneinwanderung.“
Projer: „Sie meinen Grenzgänger.“
Anian: „Genau. Grenzgänger.“
Projer: „Warum kommen Frauen nicht ins
Fernsehen.“
Jean – Pascal: „Frauen sind intelligenter.
Die tun sich das nicht an.“
Markus zu Lena: „Wir können uns auch einfach
auf eine grüne Wiese setzen und unsere Wunschasylstücke zusammenbasteln.“
Best of Moderator
„Jetzt hat hier einmal eine Frau das Wort und
schon wird sie ständig unterbrochen.“
„Meine Herren, wenn sie alle durcheinander
reden, versteht man kein Wort!“
Jean – Pascal zur Gotthard – Thematik: „Ich bin Bauingenieur!
Projer: „Das bedeutet, sie sind der Einzige,
der das Gerede hier begreift.“
Ich dachte schon, dass diese Arena lustig
wird. Jungparteien sind noch unerfahren und geraten schneller in Rage, aber Sie
sind oft spontaner, schlagfertiger und (wage ich jetzt inmal zu behaupten)
ehrlicher. Eben noch nicht so professionalisiert wie die alte Garde).
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